Aber vergebens. Der ultimative Spaß, den viele Menschen bei Karneval empfinden liegt mir trotz kölscher Gene, fern. Und dieses Jahr habe ich es wirklich versucht. Nicht nur, dass ich mich als Einhorn geoutet habe, nein, ich habe mich aktiv ins Treiben geworfen.

Ok. Ich war nicht in der Altstadt, wollte es an Altweiber langsam angehen lassen, aber es war ohnehin vollkommen egal, wo man hingegangen ist, bzw. noch immer hingeht. Es ist überall närrisch. So auch in meiner sonst eher einfach ehrlich derben Nachbarschaftskneipe. Ein buntes Gewimmel, eng an eng. Zu eng für meinen Geschmack. Und natürlich war ich nicht vorbereitet, so ergo auch nicht textsicher. Aber ich gebe unumwunden zu, dass mir die Musik so gar nichts sagt.

Klar, könnte man mir sofort vorwerfen doch schließlich ein Wiesn-Fan zu sein. Stimmt auch! Ist im Grunde auch nicht groß anders. Es wird zu unvernünftigen Zeiten viel getrunken und man trägt Tracht, obwohl man das sonst nicht tut. Ja. Korrekt. Aber für mich ist die Tracht eben keine Verkleidung, denn schließlich würde ich ein Dirndl in Bayern jederzeit tragen. Fällt halt nur außerhalb Bayerns auf.

Ich denke, es ist vermutlich wie mit so einigen leidenschaftlichen Dingen. Man liebt sie, oder hasst sie, bzw. kann sie nicht leiden. Hauptsache, man versucht es.

Dennoch hat es mich dann gestern doch wieder in die Oper gezogen, die ja auch polarisiert, die ich aber tatsächlich liebe. Die Karte hatte ich bei einer tollen Aktion der Deutschen Oper am Rhein ergattert. Unter dem Motto „Zahl soviel Du willst“ werden hier Karten angeboten, damit es sich auch die leisten können, die sonst vom Preis abgeschreckt sind. Mindestens 10 Euro muss man anlegen. Ich finde dieses Angebot toll und ganz offenbar wird es dankend angenommen, denn zu Donizettis komischer Oper „Don Pasquale“ war das Haus voll besetzt.

Natürlich bin ich nicht als Einhorn in die Oper gegangen. Dennoch habe ich der fünften Jahreszeit Tribut gezollt, mich glitzernd geschminkt und meinen Zylinder aufgesetzt. Hätte ich auch mit Dirndl gehen können…hätte kaum weniger Anstoß erregt….wie an so manchem Ort gibt es auch in der Oper Menschen, die zum Lachen in den Keller gehen. So die Dame hinter mir, der ich anbot meinen Hut abzunehmen, falls er ihre Sicht einschränke, was ihr nur ein mitleidiges Augenbraunenrunzeln entlockte. Ich nehme an, ihr ist kein Lächeln bei dieser sehr unterhaltsamen Inszenierung entkommen, wo ich streckenweise laut wiehern musste. Ich sag ja…heutzutage sind die Interpreten AUCH Schauspieler. Bester Laune und nun eh schon hergerichtet, galt es weiter dem Karneval zu entfliehen und stattdessen zu Funk, Soul und Disco abzutanzen. Einmal mehr Wyno mit den Helden-DJs, da war der Glitzer schnell weggeschwitzt.

Wie schade für die Narren, dass das Wetter heute so bescheiden ist und wohl auch bleiben soll. Keine Ahnung, ob das den Straßenkarneval aufhält, aber mich hat es jedenfalls dazu bewogen, meine ermüdeten Tanzbeine auf der Couch zu lassen und mich der Literatur zu widmen. Und da gibt es wieder zwei ultimative Empfehlungen. Wärmsten und völlig zu Recht angepriesen von der sehr vertrauenswürdigen Lieblings-Buchbloggerin Barbara, habe ich durchgängig schmunzelnd Kästners „Drei Männer im Schnee“ verschlungen. Diese feinsinnige und pointierte Sprache mit der subtil verpackten Moral hat mir etliche gemütliche Stunden versüßt. Geht halt wenig über Klassiker.

Im Anschluss habe ich mit „Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt“ von Maya Angelou begonnen. Eher, um ein Buch meines ungelesenen Stapels auszusortieren. Ich hatte erwartet, dass mir die 1969 erschiene Geschichte über das Leben zweier kleinen, farbigen Kinder viel zu anstrengend und moralisierend wäre. Das Buch hatte ich nur gekauft, weil mir irgendwann mal ein Zitat der Autorin so gut gefallen hatte:

Leben wird nicht gemessen an der Zahl von Atemzügen, die wir nehmen; sondern an den Momenten, die uns den Atem nehmen.

Aber die Geschichte ist sprachlich so exzellent geschrieben und so mitreißend, dass sie mich sofort in den Bann gezogen hat. Ich bin noch nicht ganz durch, aber werde sicherlich auch die letzten Seiten genießen.

Und dann mal sehen, ob ich Morgen das Einhorn über die Kö treiben lasse, oder mich lediglich am Montag im Büro einmal mehr zum Vollhorst mache.

Habt eine närrisch gute Zeit!